21.12.2020
Olivia Borer, Teamleiterin Gründungen und Support Jugendparlamente, DSJ
Die Gemeinderatssäle der Schweiz verjüngen und den Jugendlichen in ihrer Gemeinde eine Stimme geben – Das ist das Ziel der „Mission takeover!“, die im Jahr 2020 den Jugendparlamen-ten der Schweiz die Türen zu den Gemeinderatssälen öffnen sollte.
Dann kam COVID-19 und alles war etwas anders. Die Jugendparlamente waren aber nicht minder aktiv. So beteiligten sich neun Jugendparlamente in der Arbeitsgruppe zum Projekt und acht Takeovers wurden in ver-schiedenen Regionen der Schweiz umgesetzt oder sind noch geplant. Der erste Takeover geht dabei als festlicher Auftakt in die Jupa-Geschichtsbücher ein. Er fand mit 16 Jugendparlamenta-rierInnen im Ständeratssaal des Bundeshauses statt und wurde von keinem Geringerem als Ständeratspräsident Hans Stöckli begleitet.
2019 hat als Jahr der Milizarbeit erneut aufgezeigt, dass junge Erwachsene Mangelware im Schweizer Milizsystem sind, insbesondere in den Exekutiven. Das hat verschiedene Gründe – zu wenig Zeit auf-grund von Hobbies, der Arbeit oder der Familie, zu grosse Belastung bzw. Verantwortung oder zu wenig Wissen über die Politik oder den Bewerbungs- und Kandidaturprozess sind nur einige davon (Derungs und Wellinger 2019: 16). Deshalb wurde das Gespräch mit Jugendlichen und jungen Er-wachsenen gesucht und Diskussionsrunden zur Nachwuchsproblematik im Milizsystem anlässlich der Soirée Politique 2019 eröffnet. Zusammen kamen dabei über ein Dutzend Reformvorschläge für das Schweizer Milizsystem von Jungpolitikerinnen und Jugendparlamentariern. Kurz, Jugendliche haben Ideen, diese müssen nur gehört werden!
Ready, set, takeover!
Aus diesem Grund starteten der Bereich youpa sowie der Bereich Grundlagen Politische Partizipation GPP des Dachverbands Schweizer Jugendparlamente im Jahr 2020 die „Mission takeover!“. Ziel ist es dabei, Jugendliche in ihren Gemeinden mit Gemeinderätinnen und -räten zusammenzubringen und in dieser Konstellation Reformvorschläge für das Milizsystem zu diskutieren. Die Jugendlichen über-nehmen dabei sinnbildlich den Gemeinderat und zeigen den Alteingesessenen, was sie sich wün-schen. So findet ein direkter Generationenaustausch statt und Nachwuchsprobleme im Milizsystem können an der Wurzel gepackt werden.
Neun Jugendparlamente meldeten sich für die Arbeitsgruppe und acht Takeovers wurden in verschie-denen Regionen der Schweiz in Angriff genommen. Die COVID-19-Pandemie hat zwar die Planung etwas unsicherer gemacht, dennoch wurde schon viel Arbeit geleistet und einiges konnte umgesetzt werden. Von Genf über Yverdon nach Bern und Luzern sind Takeovers in Gemeinden vorgesehen oder wurden bereits durchgeführt.
Die Gemeinde aktiv mitgestalten
Die Takeovers der Jugendparlamente sind dreigeteilt. Sie starten mit einem Vortrag zu ihren Wün-schen und Ideen für das Schweizer Milizsystem. Was müsste sich ändern, damit sie als junge Men-schen für den Gemeinderat kandidieren würden? Mangelt es für Jugendliche an der Anerkennung für das ehrenamtliche Engagement? Und müssten die Dokumente für die Ausführung eines Amtes digital zur Verfügung stehen? Diese und weitere Fragen können von den Jugendparlamenten zu Beginn des Takeovers in einer Präsentation angegangen werden. Nach dieser sollen Mitglieder der Jugendparla-mente an einer Gemeinderatssitzung teilnehmen und sich zu Traktanden einbringen oder Rückfragen stellen können. Zum Schluss bietet ein informeller Austausch die Gelegenheit, weitere drängende Fra-gen anzusprechen. Die „Mission takeover!“ schafft es so, einen generationenübergreifenden politi-schen Austausch auf Gemeindeebene herzustellen und den Jugendlichen aufzuzeigen, dass sie die Politik in ihrem direkten Umfeld aktiv mitgestalten können.
Jugendliche „Übernahme“ des Ständerats und des Gemeinderats Brig-Glis
Der Auftakt zur „Mission takeover!“ fiel stattlich aus. 16 JugendparlamentarierInnen aus der ganzen Schweiz wurden am 7. September 2020 von Hans Stöckli im Bundeshaus in Empfang genommen. Die Jugendlichen löcherten den Ständeratspräsidenten mit Fragen und postulierten ihre Wünsche für ein zukunftsfähiges Schweizer Milizsystem. Auch in Brig-Glis stellten sich GemeindevertreterInnen wie Vizepräsident Patrick Amoos den Ideen und Wünschen der Jugendlichen. Aus beiden Anlässen resul-tierten wichtige Anliegen, die nun von den PolitikerInnen im Ständerat und auf Gemeindeebene weiter-verfolgt werden können, um das Milizsystem für Jugendliche attraktiver zu machen.
Nun bleibt zu hoffen, dass auch die weiteren motivierten Jugendparlamente noch die Gelegenheit erhalten, ihren Gemeinderat für einen Tag „zu übernehmen“ und die Sicht der Jugendlichen einzubrin-gen.
Literatur
Derungs, Cudrin und Dario Wellinger. 2019. PROMO 35. Politisches Engagement von jungen Erwach-senen in der Gemeindeexekutive – Analysen und Stossrichtungen. Chur: HTW Chur Verlag.
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