Welche Möglichkeiten haben Kinder und Jugendliche, sich an Politik und Gesellschaft zu beteiligen? Welche Bedeutung wird ihrem Engagement und welches Gewicht wird ihrer Stimme beigemessen, im Allgemeinen und in den Bereichen, die sie direkt betreffen? Und wie kann die Partizipation von Kindern und Jugendlichen gefördert und verbessert werden? Die neue Themenrubrik von in comune widmet sich diesen und weiteren Fragen.
Gemäss Bundesamt für Statistik ist ein Fünftel der Schweizer Bevölkerung zwischen 0 und 19 Jahre alt (Stand 2019) und gehört damit zur Kategorie «Jugendliche» gemäss den Statistiken zur Bevölkerung in der Schweiz. Die Kinder- und Jugendpolitik wird von verschiedenen Akteuren mitbestimmt, liegt aber in erster Linie in der Verantwortung von Kantonen und Gemeinden.
Wer über Jugendpartizipation spricht, denkt in erster Linie an die Teilnahme am politischen Leben. Diese wird durch das Stimm- und Wahlrecht ermöglicht. In der Schweiz darf man auf Bundesebene ab 18 Jahren abstimmen und wählen (bis 1991 wurden das Wahl- und Stimmrecht erst mit dem Erreichen des 20. Altersjahres verliehen). Bei kantonalen und kommunalen Abstimmungen steht es jedem Kanton frei, die Altersgrenze zu senken. Bisher hat nur der Kanton Glarus diesen Schritt unternommen: Seit 2007 können Glarnerinnen und Glarner ab 16 Jahren abstimmen (Wahlrecht ab 18 Jahren). In verschiedenen anderen Kantonen – z.B. Waadt, Zürich, Bern und Neuenburg – wurden Vorschläge zur Senkung des Stimmrechtalters gemacht, sie blieben aber allesamt erfolgslos.
Das Stimmrechtalter ist Gegenstand einer hitzigen Debatte, die interessante Denkanstösse über das Funktionieren der Demokratie sowie über die Frage der gemeinsamen Verantwortung liefert. Während auf der einen Seite oft die mangelnde politische Partizipation der jüngeren Wählerinnen und Wähler hervorgehoben wird, können auf der anderen Seite Ereignisse wie die jüngsten Jugenddemonstrationen gegen den Klimawandel als Bereitschaft der Jugendlichen interpretiert werden, sich an der Politik zu beteiligen, ihre Meinung zu äussern und ihren Teil der Verantwortung gegenüber der Gesellschaft wahrzunehmen.
Die politische Bildung ist für die politische und soziale Partizipation der künftigen Stimmbürgerinnen und -bürger von grundlegender Bedeutung. Die Hauptrolle in diesem Bereich hat die Schule. Sie muss Kindern und Jugendlichen die Grundlagen der politischen und institutionellen Struktur des Staates vermitteln.
Die Jugendparlamente (die auf in comune bereits vorgestellt wurden), sind für Jugendliche eine gute Möglichkeit, sich der Politik anzunähern. Der Dachverband Schweizer Jugendparlamente DSJ fördert die politische Partizipation von Jugendlichen z.B. durch das Programm easyvote und das Projekt engage.ch. Die Jugendsession wurde 1991 gegründet und wird vom Bund im Rahmen des Gesetzes über die Ausserschulische Kinder- und Jugendförderung unterstützt. Sie wird vom Schweizerischen Dachverband für Jugendorganisationen SAJV organisiert und bietet jährlich 200 Jugendlichen im Alter von 14 bis 21 Jahren die Möglichkeit, ihre Anträge den Parlamentarierinnen und Parlamentariern im Bundeshaus vorzustellen. Für die Jüngeren existieren auch Kinderparlamente: Ein gutes Beispiel dafür ist das Kinderparlament (8 bis 14 Jahre) in der Stadt Bern, das jährlich zweimal tagt.
Wenn man das Thema breiter analysiert und über die politische Partizipation hinausgeht, zeigt sich, dass es viele Möglichkeiten gibt, Jugendliche und Kinder auf kommunaler und kantonaler Ebene in das gesellschaftliches und politisches Leben einzubeziehen. Eine Vielzahl von Fachleuten – u.a. Kinder- und Jugendarbeiter und Jugendarbeiter und Jugendarbeiterinnen, Forscher und Forscherinnen, Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen – fördern und unterstützen solche Möglichkeiten der Partizipation.
Zu erwähnen sind auch die Initiativen von Verbänden und Organisationen, welche die Partizipation von Kindern und Jugendlichen fördern. Die UNICEF-Initiative für das Label «Kinderfreundliche Gemeinde» fördert z.B. Prozesse, die darauf abzielen, die Lebensbedingungen in der Gemeinde aus Sicht der Kinder zu verbessern und unterstützt somit die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention auf Gemeindeebene. Art. 12 dieses Dokuments, das die Schweiz im Jahr 1997 ratifiziert hat, erklärt das Recht der Kinder, ihre Meinung zu äussern und gehört zu werden. Dies ist gleichzeitig ein Prinzip der Partizipation: Zuhören und die Meinung von Kindern und Jugendlichen zu anerkennen, bedeutet, ihnen das Recht auf Partizipation zu geben. Dazu gehört auch, ein gewisses Mass an Verantwortung zu gewähren und umgekehrt zu übernehmen – ein wichtiger Faktor für die eigene Entwicklung und für das Verständnis des eigenen «Platzes» in der Gesellschaft.
In der neuen Themenrubrik erhalten die oben genannten Überlegungen einen breiten Raum. Expertinnen und Experten des Bereichs «Kinderpartizipation» stellen Projekte vor, die nur dank dem Einbezug der Ansichten von Kindern realisiert werden konnten. Die Beiträge zeigen zudem Folgendes: Indem die Ideen von Kindern mit denjenigen von Erwachsenen kombiniert werden, können Projekte weiter verbessert werden.
Wir wünschen Ihnen eine spannende und erkenntnisreiche Lektüre und danken allen, die zur Realisierung dieser Rubrik beigetragen haben!
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