Ein Projekt des Schweizerischen Gemeindeverbands.
Un projet de l’Association des Communes Suisses.
Un progetto dell’Associazione dei Comuni Svizzeri.

Gemeinsam ans Ziel mit Kindern und Jugendlichen

19.08.2020

Lisa Radman, Projektmanagerin in den Bereichen Bildung und Mitwirkung, Stiftung Mercator Schweiz

Als Gesellschaft sind wir auf die Beteiligung und Mitbestimmung aller Menschen angewiesen – auch der Jüngsten. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, die Partizipation junger Menschen in Schule, Gemeinde oder Kita selbstverständlicher zu machen. Oft ist das Gelingen eine Frage der Haltung.


Eine Gesellschaft lebt von der Mitbestimmung der Bevölkerung. Neue und vielfältige Ideen und Meinungen finden Eingang in Entscheidungs- und Gestaltungsprozesse. Auf diese Weise kommt man auf bessere Lösungen für gesellschaftliche Fragen. Partizipation ist nicht nur für die Stärkung der Gemeinschaft, sondern auch aus individueller Perspektive wichtig: Bestimme ich mit und leiste meinen Beitrag zur Gesellschaft, fühle ich mich als Teil davon. Wer mitbestimmt, übt sich in einem respektvollen Umgang mit unterschiedlichen Meinungen.

Frühe und dem Alter entsprechende Mitbestimmungsmöglichkeiten sowie positive Partizipationserfahrungen stärken Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung zu engagierten, kompetenten und verantwortungsbewussten Erwachsenen. Dabei profitieren nicht nur sie selbst, sondern alle Beteiligten sowie die Sache an sich. Es liegt an uns Erwachsenen, den Kindern und Jugendlichen diese Erfahrungen zu ermöglichen. Die Frage ist nur: Wie?

Partizipation – eine Frage der Haltung

Tatsächlich ist Partizipation gar nicht so schwierig. Ob sie gelingt, hat viel mit der Haltung zu tun: Bin ich wirklich an den Ansichten von Kindern und Jugendlichen interessiert? Möchte ich offen auf Kinder und Jugendliche zugehen und sie nach ihrer Meinung fragen? Bin ich bereit, ihre Meinungen anzunehmen und meine eigenen Ansichten zu überdenken? Wenn die Antwort darauf «nein» ist, sollte man lieber auf Partizipation verzichten. Denn «Scheinpartizipation» sorgt nur für Enttäuschungen und schadet mehr, als dass sie hilft.

Partizipation meint übrigens nicht, dass Kinder und Jugendliche bei allem mitentscheiden müssen. Es geht vielmehr darum, sie bei sie betreffenden Themen miteinzubeziehen und nicht über sie hinweg zu entscheiden. Zentral ist, von Anfang an deutlich zu machen, wer was wo mitbestimmen kann – und wo nicht. Der Schlüssel ist eine transparente Kommunikation vor und während des Prozesses. Eine externe Unterstützung beizuziehen, kann dabei helfen, Unsicherheiten beim Einbezug von Kindern und Jugendlichen zu begegnen. So können beispielsweise das Kinderbüro Basel, das Kinderkraftwerk oder auch Kinder- und Jugendarbeiter*innen vor Ort helfen.

Nachhaltiges Ergebnis

Partizipation ist ein Prozess. Und wie jeder Prozess, in dem man mit anderen Menschen zusammenarbeitet, braucht Partizipation Zeit. Besonders, wenn es schnell gehen soll, schreckt der Aufwand viele ab. Doch die Ergebnisse partizipativer Prozesse sind meist nachhaltiger, weil sie von allen Beteiligten getragen werden. So zeigt sich, dass ein partizipativ geplanter Spielplatz plötzlich statt teure Spielgeräte ganz einfache Dinge wie Baumstämme zum Balancieren braucht. Littering findet im Park nicht mehr statt, weil die Jugendlichen diesen mitgestaltet haben. Eine grosse Eigenständigkeit der Kinder im Tagesablauf führt zur Entlastung vom Kitapersonal. Im Rahmen des Unterrichts halten sich Kinder an die selbst definierten Regeln und erinnern sich gegenseitig an deren Einhaltung. Sie lernen plötzlich besser, weil sie bei der Wahl der Aufgabe und der Sitzordnung im Klassenzimmer mitbestimmen durften. Es gibt bereits viele gute Beispiele, welche die positiven Effekte der Partizipation aufzeigen.

Partizipation in Gemeinden

Seit einigen Jahren setzt sich die Stiftung Mercator Schweiz dafür ein, dass die Partizipation von Kindern und Jugendlichen im Sinne der UNO-Kinderrechtskonvention selbstverständlicher wird. Partizipation ist in allen Lebensbereichen möglich. Sogar bei den Jüngsten, in der Kita. Punktuelle Projekte bieten eine erste Möglichkeit, um mit dem Einbezug von Kindern und Jugendlichen Erfahrungen zu sammeln. Meist wird mit dem Einbezug bei der Umgestaltung von Räumen wie zum Beispiel dem Schulhaus, Spielplatz oder dem Dorfzentrum gestartet. Damit Kinder- und Jugendpartizipation eine Normalität wird, müssen sich jedoch die Rahmenbedingungen ändern und einen festen Raum für die Mitwirkung bieten.

Genau darum geht es in der Initiative «Kinderfreundliche Gemeinde». Möchte eine Gemeinde ihre Rahmenbedingen für Kinder und Jugendliche verbessern, kann sie sich in diesem Prozess von Unicef oder ihren Partner*innen in den Kantonen Zürich (okaj zürich) oder Graubünden (jugend.gr) begleiten lassen. Ausgangspunkt für den Prozess ist eine Standortbestimmung der Gemeinde. Basierend darauf bestimmt die Gemeinde, wo sie sich kinderfreundlicher und partizipativer aufstellen möchte und mit welchen Massnahmen sie dies erreichen kann. Das Vorgehen wird von externen Expert*innen beurteilt. Die «Kommission Kinderfreundliche Gemeinde» entscheidet über die Vergabe des Labels «Kinderfreundliche Gemeinde». Anschliessend startet die Gemeinde mit der Umsetzung ihrer selbst gesetzten Ziele. Über den Gemeindefonds der Stiftung Mercator Schweiz können sich die Gemeinden beim Aufbau von Know-how, bei strukturellen Änderungen und den Labelkosten finanziell unterstützen lassen.

Die Initiative «Kinderfreundliche Gemeinde» bietet grosses Potenzial, um nicht nur eine punktuelle, sondern eine strukturelle Veränderung hin zu mehr Partizipation zu erzielen. Die Initiative ermöglicht es, dass Kinder und Jugendliche in ihrem täglichen Leben in der Gemeinde umfassendere und selbstverständlichere Mitbestimmungsmöglichkeiten erleben. Mehr Selbstverständlichkeit in der Partizipation ist wichtig. Denn es sollte keine Glückssache sein, ob Kinder und Jugendliche sich einbringen und mitbestimmen können.


 
 

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