Das 2014 lancierte Projekt kam erstmals in der Gemeinde Saint-Martin zur Anwendung. Dabei ging es darum, erneuerbare Energien zu fördern, um den Verbrauch fossiler Brennstoffe durch die Einwohner zu senken. Die Umsetzung in der Gemeinde erfolgte im Rahmen eines strategischen Prozesses in Zusammenarbeit mit der HES-SO Valais-Wallis.
Die beiden Parteien einigten sich nach der Kontaktaufnahme auf die Organisation eines Beteiligungsprozesses mit den Kindern. Ziel war es, alle betroffenen Akteure bzw. Wissenschaftler, Politiker und Bürger zusammenzubringen, um gemeinsame Lösungen zu finden. Werden die Anliegen der Bevölkerung angehört und ihre Vorstellungen miteinbezogen, ist die Zustimmung zu einem Projekt erfahrungsgemäss grösser. Mit diesem Vorgehen konnten nicht nur die Erwartungen der Einwohner in Erfahrung gebracht, sondern auch ihre Bedürfnisse ermittelt werden. Der Beteiligungsprozess löste unter der Bevölkerung von Saint-Martin eine positive Dynamik aus, da sie ein gemeinsames Ziel hatte und aktiv in die Überlegungen miteinbezogen wurde.
Als Erstes erstellten zehn Teams bestehend aus zwei HES-Wirtschaftsstudenten, zwei HES-Ingenieurstudenten und zwei Fünft- und Sechstklässler aus Saint-Martin eine Bestandsaufnahme des kommunalen Energiepotenzials. Im Anschluss daran entwickelten die Gruppen konkrete Projekte, die sich in der Gemeinde umsetzen liessen. Die Zusammenarbeit fand an drei Arbeitstagen vor Ort sowie auf Distanz statt. Die meisten Gruppen entwarfen einen kleinen Fragebogen, den die Kinder von ihrer Familie und von Nachbarn ausfüllen liessen. Auffällig war, dass Windräder von den Kindern ausgeschlossen wurden, da sie ihrer Meinung nach das Landschaftsbild beeinträchtigen.
Die Projektentwürfe wurden einer Jury vorgelegt. Diese bestand namentlich aus einem Gemeindevertreter und einem Vertreter der kantonalen Verwaltung und wählte die drei besten Projekte mit folgenden Schwerpunkten aus: Turbinierung von Trinkwasser, Holz-Fernheizung, Sonnenkollektoren auf kommunalen und privaten Gebäuden.
An einer Primärversammlung stellten die HES-Studenten der Bevölkerung die drei Siegerprojekte vor. An diesem Anlass trugen auch die Kinder ihre Argumente zugunsten der Projekte vor. Die Einwohner gaben ihre Zustimmung zur Weiterverfolgung der Projekte. Gleichzeitig hiessen sie das Budget einstimmig gut. Rund die Hälfte der Bevölkerung sprach sich für die Mitfinanzierung der Projekte aus. Dieser Erfolg ist auf die Anwesenheit und das Mitwirken der Kinder zurückzuführen, denn diese sprachen mit ihren Eltern, Familien und Nachbarn über ihre Ideen. Zudem waren die von ihnen erstellten Unterlagen für alle gut verständlich.
Der Beteiligungsprozess könnte letztendlich zur Installation von Sonnenkollektoren auf vier kommunalen Gebäuden und mehreren Dächern von Privathäusern in Saint-Martin führen. Die genaue Anzahl der Anlagen ist noch nicht bekannt, 56 Eigentümer haben aber ihr Interesse bekundet. Dieser Erfolg erklärt sich dadurch, dass die HES-SO dank des Beteiligungsprozesses die Bedürfnisse der Bevölkerung ermitteln und sie bei der Umsetzung unterstützen konnte.
Die Gemeinden Grônes und Miège werden sich als nächste mit diesem Thema auseinandersetzen. Letztlich sollte in der Schweiz ein Vielfaches solcher Aktionen durchgeführt werden.
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